Horst Kistner Yearning for Greens – Sehnsucht nach Grünem.

Eine malerische Fotografie mit vielfältigen Bezügen zur Kunstgeschichte.

Wenn Giorgio Vasari (1511-1574) schreibt, der Chronist der Kunst der Renaissance:

„Inspiration erfordert die aktive Zusammenarbeit von Intellekt und Begeisterung, und es ist unter solch einer Bedingung, dass wunderbare Ideen mit all dem, was großartig und göttlich ist, entstehen“, berührt er damit einen Aspekt. Da die Inspiration aber im Denken des Menschen verankert ist, verbindet Sie sich mit den Erfahrungen des Individuums. Seien diese bewusst wahrgenommen oder geträumt.

Selbst wenn die Einzigartigkeit eines Künstlers noch so groß ist, steht dessen Werk immer im Kontext zu den Schöpfungen anderer Künstler. Dies auch, wenn sich sein Tun konträr zu ihnen verhält. Kein Kunstwerk existiert im luftleeren Raum.

In der Fotografie von Horst Kistner „Yearning for Greens“ kommen mehrere Aspekte zusammen. Seine profunde Kenntnis der Hell-Dunkel Malerei der Renaissance, der holländischen Stillleben der gleichen Zeit und nicht zuletzt das Mystisch-Geheimnisvolle des Film noir der 1940er und 1950er Jahre.

Caravaggio benutzte die Dramatik des Hell-Dunkel, auch Chiaroscuro genannt, so hart und pointiert wie kein Anderer.

Mit dieser künstlerischen Technik lassen sich Bildelemente scharf hervorheben und kompositorisch prägnant einsetzen. Das Gleiche gilt auch für den Film noir. Der Fotograf benutzt diese Mittel der Malerei, indem er die Lichtregie präzise plant und einsetzt. Damit wird er zum Lichtmaler. Der Unterschied besteht lediglich in der Technik der Umsetzung des geplanten Bildes. Die Umsetzung geschieht ohne Pigment, Bindemittel und Pinsel. Das ist es eigentlich.

Das pure Abbild im Sinne der Düsseldorfer Schule, welche sich an der Fotografie der Neuen Sachlichkeit orientiert, ist Kistners Sache nicht.

Er bildet die Realität nicht ab. Er erschafft eine neue und steht damit eher in der Tradition der amerikanischen, inszenierten Fotografie. Jeff Wall und Gregory Crewdson wären da zu nennen.

Ob der Ausdruck „Detailversessenheit“ der richtige ist, vermag ich nicht zu sagen.

Aber Horst Kistners Bildschöpfungen habe etwas Barockes. Ohne in der „Überladung“ zu enden sind sie ein Fest für das Auge, welches immer neue Bezüge herstellen kann und geradezu verführt wird, lange Zeit im Bild zu verweilen. Dies ist nicht nur pure Sinnlichkeit, sondern auch ein Merkmal der künstlerischen Qualität. Denn diese liegt vor allem in der „Langzeitwirkung“: Wie intensiv und über welchen Zeitraum ein Artefakt in der Lage ist,  den Menschen zu fesseln. Heischt ein oberflächlicher Effekt Aufmerksamkeit und verpufft in Belanglosigkeit oder vermag das Werk den Betrachter immer wieder zu faszinieren.

Und bei allem, was uns da entgegenkommt, ja förmlich überschwemmt, immer ist eine Prise Humor, eine Hinterlist dabei.

Denn Kistner ist kein verbissener Bildermacher, kein zeitgenössischer Bedenkenträger, der den Eindruck erweckt unentwegt durch vermintes Gebiet streifen zu müssen. Und doch; er hält uns zuweilen den Spiegel vor, hinter dem er steht und seine Freude daran hat, uns zu verblüffen.

Horst Kistner´s Yearning for Greens ist ab Juni 2020 in unserer ersten Ausstellung in der Soll & Haben Galerie in Leipzig zu sehen.

Und schon jetzt auf in unserem Shop zu erwerben.

P.S.

Der Brokkoli stammt aus Kleinasien und wurde lange Zeit nur in Italien angebaut. Catarina de`Medici führte ihn im 16ten Jahrhundert in Frankreich ein. Von dort kam er nach England und erst viel  viel später entdeckten ihn die Deutschen.